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Thema: Geraten therapeutische Massagen in Vergessenheit?

Im Rahmen der Vorbereitung und Themenabsprache zu unseren geplanten Infoabenden kam von meinem Team der Vorschlag, „einfach mal“ über Massagen zu reden.
Wir sind eine manualtherapeutisch, osteopathisch ausgerichtete Praxis mit zusätzlich diversen Abschlüssen auf neurophysiologischer Grundlage. Trotzdem stellte sich uns die Frage, ob unsere bewährten Therapieformen in Vergessenheit geraten und dafür immer mehr Wellnessmassagen „auf den Markt“ kommen. Durch die Einsparungen im Gesundheitssystem und gerade bei der Physiotherapie – bleibt für die therapeutischen Massagen mit ihrer vielfältigen, unterstützenden Wirkungsweise kaum noch Raum. Verordnungsnotwendigkeiten müssen sehr restriktiv beurteilt werden und wir als Physiotherapeuten dürfen in Deutschland nicht ohne Verordnung therapieren, so können wir nicht die ganze Breite unserer therapeutischen Kenntnisse ausschöpfen. (Für präventive Maßnahmen, wie Rückenschule oder Entspannungsmassagen wird keine Verordnung benötigt). Für Sie als Patient besteht die Möglichkeit einer Privatverordnung oder einer privaten unterstützenden Maßnahme zusätzlich zu einer vorhandenen Verordnung. Das veranlasst mich, hier einen kleinen Überblick über verschiedene Wirkungen von Massagen zu geben. Es gibt verschiedene Massageformen mit unterschiedlichen Wirkungsweisen. Bei den einzelnen Therapiemethoden werden an den Geweben der Körperdecke systematisch aufgebauten Techniken zu Heilzwecken, zur Leistungssteigerung oder zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Körpers ausgeführt.

Bei der klassischen Massagetherapie stehen die Lösung von Verklebungen zwischen den verschiedenen Geweben, die durch verangegangene Verletzungen bzw. Erkrankungen entstanden sind, die Verbesserung der Durchblutung, der Abtransport schmerzerzeugender Substanzen, die Normalisierung des Muskeltonus und die Schmerzhemmung im Vordergrund, ein Entspannungs- und Wohlfühleffekt entsteht als eine angenehme Nebenwirkung.

Die Bindegewebsmassage dient der Diagnostik und der Behandlung von veränderten Bindegewebszonen. Hier geht man von einer neuroreflektorischen Wirkung auf segmental zugeordnete innere Organe und auf die Durchblutung entfernter Körperregionen aus. Es findet eine neurovegetative Umstimmung bzw. Harmonisierung statt, die gerade für Patienten mit physischer oder/und psychischer Traumatisierung von großer Bedeutung ist.

Die Segmentmassage hat ihren Namen in der Einteilung der Wirbelsäule in Segmente zu verdanken und nimmt sich der reflektorischen Veränderung durch die jeweiligen Rückenmarksnerven versorgten Zonen des Körpers an. Hierbei haben sich Behandlungsserien von zehn Sitzungen bewährt, auch um einen sekundärpräventiven Effekt zu erzielen.

Unter häufigen Darmproblemen leiden mehr Menschen als man annimmt. Bei der Colonmassage behandelt der Therapeut bestimmte Punkte im Bereich des Dickdarms durch gezielte Druck- und Gleitbewegungen auf der Bauchdecke. Solang die Ursache nicht schwerwiegende Probleme sind, wird eine Normalisierung des Tonus im Darmbereich erzielt.

Das Periost – die Knochenhaut – liegt als schützende Hülle über den Knochen. Die Periostmassage konzentriert sich mit punktuellen Druck auf, für eine Vielzahl von Beschwerden verantwortliche, Veränderungen an der Knochenhaut. Die Behandlung kann anfangs durchaus zu Schmerzen führen. Es kommt zur Freisetzung von Endorphinen, den wahrscheinlich wirkungsvollsten körpereigenen Schmerzkillern.

Die Tretmassage führt der Therapeut mit den Füßen durch. Sie beinhaltet Teile der Klassischen Massage und der Segmentmassage verbunden mit Druck und Zug, sowie Traktionsgriffen. Es ist eine sehr intensive Behandlung, die bei Rückenschmerzen unterschiedlicher Ursache einen guten Therapieerfolg bringt. Sinnvoll ist auch die Anwendung bei Asthma in Abhängigkeit von der Ursache und der Abklärung eventuell vorliegender Kontraindikationen.

Die Fußreflexzonentherapie ist eine Behandlungsform, die sich aus altem  Volkswissen zu einer Therapieform entwickelt hat. Sie wirkt auf den ganzen Menschen in allen Schichten ordnend und fördert die körpereigene Regenerationskraft.

Ich will mit dieser Aufstellung von verschiedenen Möglichkeiten der Anwendung von Massagen einen kleinen Einblick geben, der jedoch nur grob umrissen und unvollständig ist. Die therapeutischen Massagen erfordern eine fundierte Ausbildung und gute anatomische und physiologische Kenntnisse. In unserem stressbehafteten Alltag können Massagen einen Beitrag zu Gesundheit, Prävention, Harmonisierung der Körperfunktionen und innerer Entspannung leisten.

Dagmar Bergmann
Physiotherapeutin, Traumafachberaterin(TIL), Manualtherapeutin, Osteopathin (D.O.B.T.), Safe-Mentorin (Sichere Ausbildung für Eltern)

14. April 2016